Was verstehen wir unter einem Kompromiss?
Unter einem Kompromiss verstehe ich das Zugeständnis oder die Einigung in einem Konfliktpunkt. Zwei Menschen sind unterschiedlicher Meinung und einigen sich dann gemeinsam auf einen Weg.
Soweit so gut. Die Realität sieht vielfach anders aus. Ich beobachte meistens zwei Szenarien:
- Eine Person gibt immer nach, stellt sich komplett zurück. Die andere Person bestimmt.
- Beide kommen einander nicht entgegen, viele Konflikte sind ungelöst und schweben im Raum. Das Energiefeld verdichtet sich, Gefühle werden unterdrückt.
Was läuft da eigentlich genau ab? Was ist das Grundproblem bei den beiden Szenarien?
- Die Person, die nachgibt, hat Angst für sich einzustehen. Sie kennt ihre Bedürfnisse nicht und weiss nicht wie Grenzen setzen. Sie hat massiv Angst abgelehnt und nicht mehr geliebt zu werden. Entsprechend muss sie nachgeben, weil die Angst vor dem Verlust sie sonst zu übermahnen droht. Mit dem Schweigen und dem Akzeptieren gibt sie der anderen Person das Gefühl, alles ist in Ordnung. Dies ist auf Dauer extrem gefährlich und schädlich, irgendwann poppt das Ganze in ihr hoch und endet in Vorwürfen. Der Andere wird sie verständlicherweise nicht verstehen, denn bis war ja Schweigen oder Einverständnis da.
- Da kommen zwei Menschen zusammen, die noch sehr stark im Ego gefangen sind. Sie müssen sich selbst so sehr verteidigen, um den eigenen Standpunkt zu wahren und das Gesicht nicht zu verlieren. Beide haben nicht gelernt, eine Streitkultur aufzubauen und vor allem ihre eigenen Gefühle wahr- und ernst zu nehmen. Menschen, die so unterwegs sind, sind nicht bereit zu fühlen und Verantwortung für sich selbst zu übernehmen. Der eigene Schmerz wird komplett auf die andere Person projiziert. Mit der Zeit wird so ein Verhältnis abkühlen und auseinander gehen, die eigenen unterdrücken Gefühle bleiben im Körper haften und vergiften diesen mit der Zeit.
Was braucht es also, um einen guten Kompromiss zu finden?
Für mich gehören Kompromisse in einer Partnerschaft oder Freundschaft dazu, die Frage wie weit und unter welchen Umständen. Du musst dich dabei wohlfühlen. Überlege in potenziellen Konfliktsituationen, bis wohin du noch einverstanden bist und du „mitgehen“ kannst, aber auch wo der Punkt ist, ab dem es einfach nicht mehr stimmig ist und du dich verbiegen musst. Setze dir selbst klare Grenzen und halte diese ein. Wenn du also wie in Szenarie 1 beschrieben, über deine Grenzen hinausgehst, hast du nichts davon, im Gegenteil du sabotierst dich dauernd selbst.
Dafür braucht es eine gesunde Portion Selbstverantwortung, die Auseinandersetzung mit den eigenen Gefühlen und Bedürfnisse und den Mut, klare Grenzen zu setzen. Dies alles sind Punkte von gesundem Egoismus, was die grösste Selbstliebe ist, die du dir schenken kannst.